Während früher die Art und Weise, wie ein Bildschirmlesegerät aufgebaut war, aufgrund der technischen Gegebenheiten weitgehend feststand, erlauben die technischen Möglichkeiten heute viel mehr Gestaltungsfreiheit. Dementsprechend sehen moderne Bildschirmlesegeräte auch sehr unterschiedlich aus. Der folgende Text beschreibt die verschiedenen Modellvarianten, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben.
Mit diesen Begriffen ist die Art und Weise gemeint, wie die Elemente eines Bildschirmlesegeräts – Kamera, Videoelektronik, Bildschirm und Lesetisch – untergebracht sind.
Bei geschlossenen Systemen befinden sich alle genannten Elemente fest in einem Gehäuse, ihre Position lässt sich nicht verändern. Das ist die klassische Bauform, die man vor allem bei den sogenannten Kassengeräten
findet, also einfacheren Geräten für den privaten Gebrauch. Aber auch für moderne Geräte mit Flachbildschirm, die durchaus auch für die berufliche Nutzung gedacht sind, wird diese Bauform verwendet (Beispiel: Reinecker Videomatic Uno). Die letzteren Geräte haben dann auch alle heute üblichen Funktionen wie Farbdarstellung, oft auch Bildumschaltung etc.
Vorteil geschlossener Systeme ist eine einfachere Handhabung, weil z.B. keine Geräte miteinander verkabelt werden müssen. Auch hat man alle Geräte aus einer Hand
, also auch nur einen einzigen Ansprechpartner, wenn Defekte auftreten. Wegen der kompakteren Abmessungen lassen sich geschlossene Systeme auch leichter transportieren (auch wenn man sie in der Regel wohl nicht als mobil bezeichnen kann, siehe dazu die Hinweise zum Auswahlkriterium stationär/mobil
).
In der Konstruktion des Produkts aus einer Hand liegt zugleich einer der Nachteile geschlossener Systeme: Man kann nicht die optimale Kamera und den optimalen Bildschirm kombinieren, sondern muss das akzeptieren, was der Hersteller einbaut. Das ist vor allem bei geschlossenen Systemen mit Flachbildschirmen misslich, weil es hier permanent Verbesserungen bei der Schaltgeschwindigkeit gibt. Von diesen Fortschritten kann man bei der Anschaffung eines geschlossenen Systems nicht profitieren, weil man den Bildschirm nicht austauschen kann. Man sollte daher zumindest darauf achten, dass der Bildschirm bei Anschaffung dem Stand der Technik entspricht.
Ein weiterer Nachteil ist, dass sich die einzelnen Elemente, vor allem die Position des Bildschirms, nicht den Anforderungen des Nutzers anpassen lassen. Nur selten sind z.B. bei geschlossenen Systemen die Bildschirme höhenverstellbar und neigbar. Das sind allerdings Standard-Anforderungen für das Arbeiten am Bildschirm.
Schließlich kann der feste Aufbau auch bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes zu Schwierigkeiten führen. Näheres dazu bei den Hinweisen zum Auswahlkriterium Arbeitsplatzgestaltung
.
Bei offenen Systemen sind zwar Kamera, Videoelektronik und Lesetisch in einem Gehäuse fest verbunden, aber der Bildschirm ist separat. Diese Konstruktionsform dominiert heute. Die Hersteller können dadurch Produktionskosten sparen, weil sie keine speziellen Gehäuse mehr fertigen und Bildschirme einbauen müssen.
Aber auch für den Nutzer hat diese Bauform den Vorteil, dass er nicht auf ein bestimmtes Monitormodell festgelegt ist, sondern sich einen Bildschirm seiner Wahl aussuchen und diesen auch selbst austauschen kann, wenn es Weiterentwicklungen gibt. Das vermeidet den oben dargestellten Nachteil.
Die meisten offenen Systeme sind so konstruiert, dass man den Bildschirm auf das Kameraelement stellen kann. Dann sieht das Gerät praktisch so aus und ist fast so kompakt wie ein geschlossenes System. Wenn der Bildschirm einen eigenen Sockel hat, könnte er für den Nutzer allerdings zu hoch stehen, so dass es Probleme mit der Erfonomie gibt. Wenn der Bildschirm auf dem Kameraelement steht, bleiben außerdem die Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzgestaltung.
Die neueste Entwicklung sind die PC-gestützten Systeme. Sie bestehen aus der Kamera und Software. Zur Anzeige des Bildes wird der Monitor eines angeschlossenen PC’s verwendet.
Die Kamera liefert dabei das Bild in Form digitaler Daten an den Computer, meistens über den USB- oder Netzwerkanschluss. Dort sorgt eine spezielle, vom Hersteller entwickelte Software für die Anzeige des Kamerabildes. Die Software übernimmt dabei alle Aufgaben, die bei traditionellen Geräten die Videoelektronik hat, also z.B. eine kontrastverstärkte Schwarz/Weiß-Darstellung oder eine Bildteilung mit dem normalen PC-Bild.
Der Vorteil dieser Systeme ist ihre überragende Mobilität, vor allem wenn man mit einem Laptop arbeitet, den man sowieso braucht. Als zusätzliches Gerät fällt dann nur die Kamera und ggf. ein Lesetisch an (PC-gestützte Systeme verfügen nicht über einen eigenen beweglichen Lesetisch, sondern höchstens über eine Grundplatte zur Verbesserung der Stabilität). Sie werden daher meistens für Schule und Studium empfohlen.
Ein weiterer großer Vorteil besteht darin, dass sich das Kamerabild im PC einfach weiter verarbeiten lässt. Bilder können z.B. auf dem PC archiviert werden. Oft bietet die Software auch die Möglichkeit, den Bildinhalt in echten Text umzuwandeln. Dieser kann dann z.B. direkt in einem Textverarbeitungsprogramm in vorhandenen Text eingefügt werden. Manche Softwareprogramme bieten auch die Möglichkeit diesen Text selbst in verschiedenen Varianten darzustellen, z.B. wortweise, in einer Laufschrift etc.
Der Nachteil ist die Komplexität des Systems. Der PC muss schnell genug sein, um die von der Kamera kommenden Daten zu verarbeiten, sonst ruckelt z.B. das Bild. Die Software muss stabil laufen und darf nicht abstürzen. Es darf keine Konflikte mit anderer Systemsoftware geben, die auf den Bildschirm zugreift, z.B. zur Fernwartung. Die Nutzung des USB- und ggf. Netzwerkanschlusses darf nicht vom Systemadministrator gesperrt sein. Die beiden letzten Punkte sind vor allem beim Einsatz an PC’s und Notebooks in einem Unternehmen relevant, wo häufig Softwareausstattung und Sicherheitsregeln standardisiert sind.
Geschlossene Systeme haben den Lesetisch immer eingebaut, das heißt er ist fest mit der Kamera verbunden. Bei PC-gestützten Systemen gibt es den Lesetisch dagegen immer nur als Zubehör. Offene Systeme gibt es dagegen in Varianten mit und ohne Lesetisch.
Wenn ein Lesetisch in einem Gerät eingebaut ist, ist er in der Regel ungefähr so groß wie ein DIN-A3-Blatt. Man kann also bequem auch größere Schriftstücke wie eine Zeitung oder ein Magazin darauf lesen. Außerdem haben diese Lesetische oft eine bessere Mechanik und sind solider. Sie halten also ein größeres Gewicht aus, z.B. das eines schweren Aktenordners.
Separate Lesetische sind dagegen meistens als Zubehör, vor allem für mobile PC-gestützte Systeme gedacht. Sie sind oft nur DIN-A4-groß und nicht so robust wie die stationären Tische.
Der Lesetisch ist in aller Regel sehr leichtgängig oder sollte das zumindest sein. Dadurch kann es passieren, dass man den Tisch nicht exakt von links nach rechts verschiebt, sondern gleichzeitig auch ein Stück nach vorne oder hinten. Dann geht oft der Faden, d.h. die gerade gelesene Zeile verloren. Aus diesem Grund haben alle Lesetische Bremsen, mit denen man den Tisch schwergängiger machen kann. Teilweise lässt sich die Bremswirkung auch separat für die Richtungen links/rechts und vorne/hinten einstellen; man kann dann z.B. für die Richtung vorne/hinten die Bremse aktivieren, während man sich für das Lesen innerhalb der Zeile, also von links nach rechts, die Leichtgängigkeit erhält.
Bei geschlossenen Systemen haben Bildschirm und Bedienelemente ihre feste, unveränderliche Position: Der Monitor ist über dem Kameraelement eingebaut, die Bedienelemente befinden sich direkt darunter an der Vorderseite.
Bei PC-gestützten Systemen kann der Monitor logischer Weise frei positioniert werden. Bedienelemente gibt es an der Kamera oft gar keine, alles wird am Computer über die Software eingestellt.
Verschieden sind die Konzepte dagegen bei den offenen Systemen. Wie bereits angesprochen sind viele Modelle ähnlich wie ein geschlossenes System konstruiert: Der Bildschirm kann und soll auf dem Kameraelement stehen, die Bedienelemente sind fest eingebaut.
Andere Hersteller verzichten dagegen auf eine Plattform oberhalb der Kamera. Für den Bildschirm braucht man dann eine separate Vorrichtung für die Aufstellung. In der Regel ist das heute ein Bildschirm-Schwenkarm, der sich sehr gut mit einem Flachbildschirm kombinieren lässt.
Bei dieser Bauform müssen die Hersteller außerdem einen Platz für die Bedienelemente finden. Eine Lösung ist hier ein externes Bedienpult (Beispiel: LVI Magnilink U Split), eine andere die Anbringung direkt am Lesetisch (Beispiel: Tieman ClearView). Bei beiden Lösungen sind die Bedienelemente sehr gut erreichbar, und zwar unabhängig davon, wie man den Bildschirm positioniert. Befinden sich die Bedienelemente dagegen wie bei einem geschlossenen System an der Vorderseite oberhalb des Kameraelements, kann es sein, dass man sie mit dem Monitor verdecken würde, d.h. eine an sich günstige Monitorposition scheidet dann aus.
Die Möglichkeit, den Arbeitsplatz sinnvoll gestalten zu können, ist eines der wesentlichen Auswahlkriterien. Darauf komme ich daher im Abschnitt Auswahlkriterien
zurück.
Vor allem für den Ausbildungsbereich werden Modelle beworben, die nicht nur das Schriftgut auf einem Lesetisch, sondern auch weiter entfernte Objekte im Raum, z.B. ein Tafelbild, aufnehmen und darstellen können. Diese Modelle sind dabei unterschiedlich ausgestattet:
Vorteil der Lösung mit zwei Kameras ist, dass jede Kamera speziell für ihre jeweilige Aufgabe konstruiert ist. Außerdem kann die Handhabung leichter sein, vor allem, wenn das Gerät eine Steuerung per Motor, die Speicherung bestimmter Einstellungen u.ä. bietet.
Diese Lösung gibt es allerdings nur bei den großen, nur für den stationären Einsatz gedachten Geräten (Beispiel: Reínecker Videomatic Uno). Nachteil ist daher neben dem höheren Preis die fehlende Mobilität. Die mobilen, PC-gestützten Systeme basieren dagegen auf der zweiten Lösung mit nur einer Kamera.
Jede Kamera braucht Licht, damit sie die Vorlage aufnehmen kann. Die Hersteller haben aber sehr unterschiedliche Lösungen entwickelt, wo dieses Licht herkommt. Manche verwenden dafür Halogenlampen, andere Leuchtstofflampen oder Infrarot-Licht; letzteres ist für blendempfindliche Nutzer gedacht, die konventionelles Licht stören würde.
Bei manchen Geräten ist laut Hersteller überhaupt keine zusätzliche Lichtquelle nötig. Die dort eingesetzten Kameras sollen allein mit dem Umgebungslicht, z.B. den Deckenlampen in einem Büro, auskommen.
Generell muss die Beleuchtung zur eingesetzten Kamera und zum Aufbau des Geräts, d.h. zur Arbeitshöhe, passen. Je heller die Vorlage und je lichtempfindlicher die Kamera ist, desto besser ist die Bildqualität, vor allem in Bezug auf den Kontrast. Wenn ein Gerät auf eine eigene Beleuchtung ganz verzichtet oder nur eine kleine Zusatzbeleuchtung bietet, sollte man genau prüfen, ob es trotzdem einen ausreichenden Kontrast erreicht.
Außerdem muss die Vorlage gleichmäßig ausgeleuchtet sein, damit keine Schatten entstehen. Das kann allerdings leicht passieren, wenn die Vorlqge gewölbt ist, z. B. bei einem gefalteten Brief. Die Konstruktion der Beleuchtung (Helligkeit und Position der Lampe) ist dann mit dafür entscheidend, ob sich im Kamerabild Helligkeitsunterschiede zeigen, die beim Lesen stören.